Im Strafverfahren gibt es im Gegensatz zum Zivil-, Verwaltungs-, Sozialrechts- und Arbeitsrechtsverfahren keine Prozesskostenhilfe.
Ausnahme im Adhäsionsverfahren – Prozesskostenhilfe nur für den Geschädigten
Eine Ausnahme im Strafverfahren bietet das Adhäsionsverfahren an. In diesem Verfahren werden im Rahmen des Strafverfahrens durch den Geschädigten auch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht. Da es sich bei Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen um zivilrechtliche Ansprüche handelt, kann der Geschädigte für diese Ansprüche auch vor dem Strafgericht Prozesskostenhilfe beantragen.
Welche Möglichkeit der Kostenübernahme gibt es für den Beschuldigten im Strafverfahren?
Im Strafverfahren gibt es für den Beschuldigten grundsätzlich die Möglichkeit der Beiordnung einer Pflichtverteidigung. Voraussetzungen für die Beiordnung der Pflichtverteidigung wird in § 140 StPO oder gem. § 68 JGG aufgezählt.
Demnach muss die Pflichtverteidigung notwendig sein.
Notwendig ist sie dann,
- wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet,
- wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird (das sind Straftaten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind),
- wenn gegen einen Beschuldigten U-Haft nach den §§ 112 StPO, 112 a StPO oder einstweilige Unterbringung nach § 126 a StPO oder § 275 a Abs. 6 StPO vollstreckt wird,
- wenn der Beschuldigte sich mindestens drei Monate auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird,
- wenn zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt,
- wenn ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird,
- wenn der bisheriger Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist,
- wenn dem Verletzten nach den §§ 397 a und 406 g Abs. 3 und 4 StPO ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist.
Eine Pflichtverteidigung kann auch gem. § 140 Abs. 2 StPO dann in Betracht kommen, wenn die Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten ist oder wenn ersichtlich ist, dass der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann.
Die Beiordnung der Pflichtverteidigung ist somit im Gegensatz zur Prozesskostenhilfe unabhängig von der finanziellen Lage des Beschuldigten. Sie hängt vielmehr von der Notwendigkeit einer Verteidigung vor dem Strafgericht ab und stellt somit keinen Ersatz für die Prozesskostenhilfe dar.
Wer übernimmt die Kosten der Pflichtverteidigung?
Auch wenn das Gericht die Beiordnung einer Pflichtverteidigung anordnet, setzt dies nicht voraus, dass die Staatskasse die Kosten der Pflichtverteidigung übernimmt.
Diese Kosten werden nur dann von der Staatskasse übernommen, wenn der Angeklagte durch Urteil freigesprochen wird.
Wird der Angeklagte jedoch verurteilt, muss er die gesamten Verfahrenskosten im Strafverfahren tragen, gem. § 465 Abs. 1 StPO. Zu diesen Verfahrenskosten gehören u.a.:
- die Kosten der Pflichtverteidigung,
- Gerichtskosten (die Höhe hängt von der Höhe der Geld- oder Freiheitsstrafe ab),
- Kosten der Sachverständiger,
- Kosten für Gutachten,
- Zeugengeld und
- Rechtsanwaltskosten der anderen Beteiligten am Strafverfahren.
Im Jugendgerichtsverfahren (Verfahren, wo grundsätzlich Heranwachsende bis zum 21. Lebensjahr beteiligt sind) wird von diesen Kosten abgesehen, wenn die Verurteilten kein regelmäßiges Einkommen haben.
Der einzige Vorteil, der sich bei der Pflichtverteidigung ergibt, ist, dass die Kosten der Pflichtverteidigung niedriger liegen als die eines Wahlverteidigers (dieser wird von dem Gericht nicht beigeordnet). Daher empfiehlt es sich jedem Angeklagten einen Antrag auf Beiordnung einer Pflichtverteidigung beim Gericht zu stellen, wenn dieser es für ersichtlich sieht, dass die Verteidigung notwendig ist, damit die Kosten für den eigenen Anwalt niedrig gehalten werden.
Was kann gegen die Auferlegung der Gerichtskosten getan werden?
Gegen das Urteil der Kostentragung (Verfahrenskosten) kann der Verurteilte sofortige Beschwerde innerhalb einer Woche einlegen gem. §§ 464 Abs. 3, 311 StPO. Die Frist beginnt mit der Bekanntmachung der Entscheidung, gem. § 35 StPO.
Was kann getan werden, wenn die Prozesskosten nicht gezahlt werden können?
Wenn die Prozesskosten nicht auf einmal erbracht werden können, kann auf Antrag eine Ratenzahlung vereinbart werden. Die Höhe der einzelnen monatlichen Raten bemisst sich an der wirtschaftlichen Lage des Verurteilten.
Falls auch diese Raten unbezahlbar für den Verurteilten sind, kann er eine Reduzierung der monatlichen Raten beim zuständigen Gericht beantragen.
Es besteht ferner die Möglichkeit ein Verbraucherinsolvenzverfahren anzustrengen. Die Prozesskosten (nicht die Strafkosten- das wären Forderungen einer unerlaubten Handlung) können hier als Schulden behandelt werden. Die monatlichen Raten könnten im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens niedriger gehalten werden. Daher wäre möglicherweise eine Beratung bei der Schuldnerberatung sinnvoll.
Ein Prozesskostenerlass aus schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen rechtfertigt keinen Erlass. Selbst bei einem Insolvenzverfahren verbleibt dem Schuldner der notwendige Lebensunterhalt als Existenzminimum zur Sicherheit. Die Zahlung der Prozesskosten muss eine besondere Härte für den Verurteilten darstellen. Der Antrag auf Prozesskostenerlass und auf Ratenzahlung kann bei dem Gericht gestellt werden, der das Urteil ausgesprochen hat.