• Kaufrecht
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Gekauft wie gesehen: Rechte, Pflichten & Gesetze

Gekauft wie gesehen aus rechtlicher Sicht!
In Kürze:
  • Der Passus „gekauft wie gesehen“ ist seit 2022 aus rechtlicher Sicht ungültig.
  • Auch Privatverkäufer müssen beim Verkauf von Gegenständen für eine einwandfreie Ware einstehen.
  • Ausnahme Verbrauchsgüterkauf: Käufer haben besondere Schutzvorschriften.

Wer schon einmal Gebrauchtgegenstände erworben hat, hat im Vertrag oftmals die Vereinbarung „gekauft wie gesehen“ gelesen. Allerdings kann diese Klausel missverstanden werden. Nicht selten entstehen im Nachhinein Streitigkeiten darüber, wie diese Formulierung zu verstehen ist. Oftmals enden die Diskussionen auch vor Gericht. Als Käufer sollten Sie deshalb vor einer Vertragsunterzeichnung bei Gebrauchtgegenständen auf der Hut sein und wissen, was die Klausel für Sie konkret bedeutet. Nachfolgend klären wir Sie deshalb über die Klausel aus rechtlicher Sicht auf.

Was bedeutet die Klausel „gekauft wie gesehen“ im (Auto)-Kaufvertrag?

Bisher findet man häufig in Kaufverträgen über Gebrauchtwagen die Klausel „gekauft wie gesehen“. Damit wollen sich Verkäufer absichern, dass der Käufer später nicht offensichtliche Mängel beanstanden kann. Erkennbare Mängel, die mit bloßem Auge gesehen werden, wie beispielsweise kaputte Stoßdämpfer, Risse in Scheiben oder Beulen im Blech, sollen damit eine spätere Reklamation ausschließen. Der Käufer hat sie schließlich beim Abschluss des Vertrags gesehen.

Bislang war es so, dass die Klausel jedoch nur die Gewährleistung von offensichtlichen Mängeln abdeckte, nicht jedoch versteckte Mängel. Gekauft wie gesehen bedeutet also, dass sich diese Klausel nicht auf versteckte Mängel bezieht. Rechtlich gesehen ist die Klausel „gekauft wie gesehen“ seit 2022 sogar ungültig und greift nicht mehr.

Habe ich bei „gekauft wie gesehen“ keine Garantie und Gewährleistung?

Mit der Klausel „gekauft wie gesehen“ können die Gewährleistungsrechte eines Käufers nicht komplett ausgeschlossen werden. Mit solch einer Formulierung im Vertrag kann jedoch die Gewährleistung von offensichtlichen Mängeln ausgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass der Verkäufer nach Abschluss eines Kaufvertrages nicht mehr für offensichtliche Mängel haftbar gemacht werden kann, die der Käufer bei einer ordentlichen Untersuchung ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen hätte erkennen können. Dabei ist es unerheblich, ob der Käufer letztlich die Sache untersucht hat oder nicht.

Gegenüberstellung: offensichtliche und verdeckte Mängel

Erörtert man die Gewährleistungsansprüche, so muss zunächst zwischen offensichtlichen und verdeckten Mängeln unterschieden werden. Offensichtliche Mängel bedeuten für den Kunden, dass er sie bei Vertragsabschluss hätte sehen können. Anders sieht es bei verdeckten Mängeln aus. Verdeckte Mängel werden deshalb auch nicht von der Klausel „gekauft wie gesehen“ abgedeckt. Ein Käufer kann einen verdeckten Mangel (auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen) nicht bemerken.

Auch hier spielt es keine Rolle, ob der Käufer das Auto tatsächlich untersucht hat oder nicht. Wenn Sie also verdeckte Mängel an dem Gebrauchtgegenstand vorfinden und in Ihrem Vertrag die Formulierung „gekauft wie gesehen“ enthalten ist, können Sie sich trotzdem auf Gewährleistungsrechte berufen. Schließlich kann von einem durchschnittlichen Käufer nicht erwartet werden, dass Expertenwissen vorhanden ist und der Käufer jeden denkbaren Mangel identifizieren kann.

Beispiele für verdeckte Mängel:

  • Der Kilometerstand auf dem Tacho ist manipuliert
  • Der Ölverbrauch ist zu hoch

Beispiele für offensichtliche Mängel:

  • Die Windschutzscheibe oder Fenster haben Risse
  • Es befinden sich Schrammen an der Stoßstange oder am Blech
  • Die Lichter oder Klimaanlage sind defekt
  • Offensichtliche Beulen, die von außen deutlich erkennbar sind.
Ist die Klausel "gekauft wie gesehen" eigentlich heute noch gültig?

Hat die Klausel heutzutage immer noch Gültigkeit?

Das Kaufrecht wurde im Jahr 2022 reformiert und damit auch ein neuer Sachmangelbegriff beim Pkw-Kauf definiert. Dies bedeutet, dass sowohl gebrauchte als auch neue Autos beim Verkauf frei von subjektiven und objektiven Mängeln sein müssen. Bei subjektiven Mängeln handelt es sich um Schäden, die beispielsweise bei einem Unfall entstehen. Bei objektiven Mängeln handelt es sich um Schäden, die bei vergleichbaren Autos üblicherweise nicht auftreten. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn ein Auto nur drei Räder besitzt.

Aus rechtlicher Sicht hat die Klausel „gekauft wie gesehen“ deshalb nur die Reklamation von subjektiven Mängeln ausgeschlossen. Dadurch, dass seit 2022 nunmehr auch objektive Mängel in einen Vertrag einfließen müssen, wird die Klausel „gekauft wie gesehen“ ungültig. Die Formulierung ist nämlich nicht mehr auf objektive Mängel anwendbar und somit rechtlich ungültig.

Für Sie als Käufer eines Gebrauchtwagens bedeutet das also, dass Sie nicht mehr alle Gewährleistungsansprüche bei Mängeln verlieren, selbst wenn die Formulierung „gekauft wie gesehen“ im Vertrag enthalten ist. Würden Ihnen deshalb nach dem Kauf eines Gebrauchtwagens Mängel auffallen, die von der Norm abweichen und die nicht im Kaufvertrag genannt wurden, können Sie diese beanstanden.

Gekauft wie gesehen - welche Ausnahmen existieren?

Es spricht nichts dagegen, eine Sache „gekauft wie gesehen“ zu verkaufen. Jedoch gibt es einige Ausnahmen, in denen der Verkäufer für etwaige Mängel haften muss, auch wenn er diese im Vertrag ausgeschlossen hat. Hierunter fallen unter anderem:

  • Beschaffenheits- oder Garantievereinbarung: Übernimmt ein Verkäufer die Garantie für eine Beschaffenheit einer Sache oder ist eine bestimmte Beschaffenheit vertraglich vereinbart worden, so ist er auch gemäß § 443 BGB beziehungsweise § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB für Mängel haftbar, die den vereinbarten Zustand nicht erfüllen.
  • Verschweigen von Mängeln oder arglistige Täuschung: Ein Verkäufer haftet nach § 444 BGB für Mängel, die er beim Vertragsabschluss verschwiegen hat oder wenn die Sache einen mangelhaften Zustand aufweist, den der Verkäufer vorsätzlich nicht angibt.
  • Grober Pflichtverstoß: Überdies kann sich für den Verkäufer auch eine Haftung ergeben, wenn ein grober Pflichtverstoß vorliegt. Dies kann beispielsweise durch eine vertragliche Nebenpflicht entstehen, die für den Käufer von großer Bedeutung ist und der Verkäufer dagegen verstößt.

Verbrauchsgüterkauf

Beim Verbrauchsgüterkauf handelt es sich um einen Vertrag zwischen einem Unternehmer, der als Verkäufer handelt und einem Verbraucher, der als Käufer auftritt. Hier gelten besondere Schutzvorschriften für Käufer. Die gesetzlichen Gewährleistungsrechte des Käufers können vom Verkäufer nicht komplett ausgeschlossen werden (§ 475 Abs. 1 BGB). Dabei ist es unerheblich, ob dies im Vertrag vereinbart wird oder nicht.

Fazit zum Thema "Gekauft wie gesehen"

Haben Sie festgestellt, dass in einem Kaufvertrag der Passus „gekauft wie gesehen“ vorkommt, kann es sich in einigen Fällen lohnen, vom Kaufvertrag zurückzutreten und gegebenenfalls auch auf Rückzahlung zu plädieren. Dies ist immer dann der Fall, wenn beim Kauf schon Mängel bestanden haben, die Sie als Laie vor Vertragsunterzeichnung nicht erkennen konnten.

Für Verkäufer kann es sich wiederum lohnen, in den Kaufverträgen die Formulierung „unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ einzubeziehen. So können Verkäufer später nicht mit Gewährleistungsansprüchen konfrontiert werden.

Häufig gestellte Fragen rund um den privaten Haftungsausschluss

Wir haben die am häufigsten gestellten Fragen für Sie gesammelt und beantwortet!

Welche Risiken gehe ich ein, wenn im Kaufvertrag „gekauft wie gesehen“ steht?

Als Käufer kann es passieren, dass Sie entweder vollständig oder teilweise auf Gewährleistungsansprüche verzichten. Für Verkäufer besteht das Risiko, dass sie trotz der Vereinbarung in einigen Fällen aufgrund gesetzlicher Haftungsausschlüsse weiterhin haften müssen.

Gilt die Vereinbarung auch beim Kauf von Immobilien?

Oftmals wird zwischen Privatpersonen beim Verkauf von Immobilien ebenfalls die Klausel „gekauft wie gesehen“ verwendet. Auch hier gelten die gleichen Grundsätze wie bei allen anderen Verkaufsverträgen.

Ist der Privatverkauf immer ohne Gewährleistung?

Grob gesagt gilt, dass Privatverkäufer nicht verpflichtet sind, auf irgendetwas hinzuweisen. Falsch ist jedoch auch der Irrglaube, dass Privatverkäufer keine Gewährleistung oder Garantie übernehmen können. Ganz im Gegenteil: Laut Gesetz stehen auch Privatverkäufer bei Veräußerung für eine einwandfreie Ware ein.