Wir haben von einem User folgendes Anliegen erhalten:
Im Gesundheitswesen (Pflege von anderen Personen) ist eine Fachkraft alkoholkrank. Dies macht sich mittlerweile auch extrem in den Schichtzeiten bemerkbar. Alkoholfahne und wankender Gang. Vorgesetzte sagen jedoch, dass man keine konkreten Alkoholkontrollen bei der entsprechenden Person durchführen darf – angeblich aus rechtlichen Gründen – so lange nichts passiert ist. Dies kann doch vom reinen Menschenverstand her, nicht korrekt sein, oder? Schließlich soll sich diese Fachkraft um andere Personen kümmern, aufpassen und sie betreuen. Darf ein Vorgesetzter die Arbeitskraft auch bei starken Anzeichen von Alkoholkonsum nicht kontrollieren? Und bestrafen bzw. versuchen von der Arbeit auszuschließen?
Ist eine Alkoholkontrolle am Arbeitsplatz zulässig?
Alkoholkonsum am Arbeitsplatz ist eine schwerwiegende Angelegenheit, welche eine große Anzahl an Folgen mit sich zieht. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber keine Alkoholkontrollen, sowie Blutabnahmekontrollen durchführen, dies wäre ein enormer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers.
Aus dem Grund darf der Arbeitnehmer jederzeit einen Alkoholtest oder eine Blutabnahme ohne rechtliche Konsequenzen verweigern. Wenn jedoch der Fall eintreten sollte, dass der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmer nach einem Alkoholtest fragt und dieser diesen Test einwilligt, ist der Test durchführbar. Dies geschieht lediglich immer nur auf dem Wege einer ausdrücklichen Einwilligung des Arbeitnehmers .
Verhalten als Arbeitskollege
Als Arbeitskollege sollten Sie darauf achten, der betroffenen Person kein Mitleid entgegen zu bringen und keineswegs ihn Arbeit abzunehmen, um ihn vor dem Chef in Schutz zu nehmen und zu decken. Dadurch würden Sie bzw. auch die anderen Arbeitskollegen die Illusion über sein einwandfreies Verhalten des Betroffenen fördern. Am besten wäre es, wenn Sie sich an Ihren Chef oder Vorgesetzten wenden würden, um mit ihm und der Hilfe des Betriebsarztes, der eine Schweigepflicht gegenüber jedem seiner Patienten hat, folglich auch gegenüber dem betroffenen Mitarbeiter, eine Lösung zu finden. Der Betriebsarzt könnte den betroffenen Mitarbeiter auf einen Suchtberater aufmerksam machen und ihn vielleicht zu einer Therapie bewegen, indem er ihn unterstützt. Bei alkoholerkrankten Mitarbeitern ist der rechtliche Umgang etwas schwieriger, als mit anderen unzumutbaren Verhaltensweisen von Mitarbeiter. Der alkoholabhängige Mitarbeiter kann sein Verhalten nicht mehr bewusst lenken und somit sind seine Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber Dritte in einer Phase seines Rauschzustandes, kein Grund für eine fristlose Kündigung (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=…). Dem erkrankten Mitarbeiter muss die Möglichkeit einer Entziehungskur geboten werden. Falls er diese ablehnen sollte, könnte eine Kündigung in Betracht kommen, wenn vorher eine Abmahnung innerhalb eines Personalgespräches erteilt wurde.
Rechtsfolgen: Aus dem Arbeitsverhältnis ergibt sich neben den gegenseitigen Hauptleistungs- und Nebenpflichten – auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/241.html).
Diese Fürsorgepflicht bezieht sich auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Aus dem Grund sind hinsichtlich auf alkoholisierte bzw. alkoholabhängige Mitarbeiter bestimmte Handlungspflichten geboten. Der Arbeitgeber hat prinzipiell seine Belegschaft, soweit es ihm möglich ist, vor den Gefahren und Schäden durch Alkohol zu bewahren. Diese Pflicht unterliegt insbesondere den Führungskräften und den Vorgesetzten eines Unternehmens. Das Unternehmen darf die ihm obliegende Fürsorgepflicht nicht verletzten, da es sich ansonsten haftbar machen könnte. Vorgesetzte und Führungskräfte verletzten bei Nichtbeachtung ihrer Fürsorgepflicht ihre Aufsichtspflicht. Dies hat auch etliche Konsequenzen für sie (Abmahnung; verhaltensbedingte Kündigung bei besonders schweren Fällen; fahrlässige Körperverletzung gem. § 230 StGB (http://dejure.org/gesetze/StGB/230.html) oder Aussetzung einer hilflosen Person gem. § 221 StGB (http://dejure.org/gesetze/StGB/221.html)). Deshalb ist eine Handlung als Vorgesetzter oder als Führungsperson geboten, welches nicht unterschätzt werden sollte. Daher haben meistens die einzelnen Betriebe ein allgemeines betriebliches Alkoholverbot in ihren Betriebsvereinbarungen niedergeschrieben. Daher ist jeder Arbeitgeber aufgrund seiner Organisations- und Leistungsmacht im Betrieb dazu befugt, den betroffenen Arbeitnehmer auf sein Alkoholproblem anzusprechen. Aber nicht nur aufgrund des schriftlich fixierten Alkoholverbotes ist ein Arbeitgeber dazu befugt und verpflichtet, dem betroffenen Arbeitgeber auf sein Alkoholproblem anzusprechen, vielmehr gehen dem die betriebliche Sicherheit, die Sicherheit gegenüber den Patienten/Kunden und das Interesse an ungeminderten Arbeitsleistungen vor. Wichtig hierbei ist, dass der betriebliche Alkoholverbot keine Grundlage für die Alkoholkontrolle bildet. Daher ist es in vielen Betrieben üblich, dass bei der Einstellung des neuen Mitarbeiters auf das betriebliche Alkoholverbot aufmerksam gemacht wird und bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages zusätzlich noch eine Erklärung unterzeichnet wird, die dem Arbeitnehmer erklären soll, dass er das betriebliche Alkoholverbot zu Kenntnis genommen hat und sich mit der Regelung des Alkoholverbots einverstanden erklärt. Wenn ein solches Verbot im Betrieb besteht, darf der Arbeitgeber oder das Unternehmen an sich kein Alkoholkonsum dulden (auch auf dem Parkplatzen, Betriebsgelände oder den Pausen) oder eine Ausnahmeregelung mit ein beziehen, der konkret in der Betriebsvereinbarung darstellt, dass es allen Mitarbeiter klar und deutlich wird, dass lediglich zu gewissen Zwecken der Alkohol ausgeschenkt werden darf – unter Anordnung des Betriebes. Ferner ist anzumerken, dass es sowohl gesetzliche als auch berufsgenossenschaftliche Alkoholverbote bestehen.
Als einer der wichtigsten Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften gilt die BGV A1 – Grundsätze der Prävention. Gemäß § 15 Abs. 2 BGV A 1 (http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/v-a1.pdf) dürfen sich Mitarbeiter durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Der Unternehmer bzw. der Arbeitsgeber darf den Mitarbeiter, der erkennbar infolge seines Alkoholkonsums nicht in der Lage ist, seine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht mehr zu beschäftigen, gemäß § 7 Abs. 2 BGV A 1 (http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/v-a1.pdf). Fraglich erscheint stets die Frage, wann der Alkoholkonsum zu einer Kündigung führen kann. Da der Arbeitsgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht den Alkoholmissbrauch frühzeitig erkennen muss, um rechtzeitig eine Gefährdung der übrigen Beschäftigten und seiner Kunden/Patienten zu vermeiden, muss er zunächst feststellen, ob ein Arbeitnehmer alkoholisiert ist. Wie bereits oben angeführt, darf der Arbeitgeber zu keinen technischen Hilfsmitteln greifen – falls der Mitarbeiter dennoch hierzu zustimmen sollte, kann das Hilfsmittel verwendet werden.
Schritte zur Feststellung einer Alkoholisierung
äußerlich erkennbare Indizien: Alkoholkonsum während der Arbeit oder Pausen; Alkoholfahne, lallende Sprache, schwankender Gang, aufgequollenes Gesicht, errötete Augen, aggressives Verhalten?
bestehen diese Indizien, so sollte der Arbeitgeber ein Personalgespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter führen und ihn auf diese Anzeichen ansprechen, die Möglichkeit einer Entziehungskur anbieten (weiter zum Betriebsarzt verweisen) und abmahnen mit dem Vorbehalt das im Wiederholungsfall mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen ist
bei dem Personalgespräch sollte auch ein Zeuge (vorzugsweise ein Mitglied des Betriebsrates oder ein zuverlässiger Mitarbeiter, der gegebenenfalls auch den Alkoholkonsum oder die Alkoholisierung beachtet hat)hinsichtlich der Beweissicherungszwecken hinzu gezogen werden
Wichtig ist, dass auch das Personalgespräch protokolliert wird und schriftlich festgehalten wird mit Ort, Zeit und Zeigen – um später die angewandten Maßnahmen rechtfertigen zu können
Der Arbeitgeber muss bei Feststellung der Alkoholisierung dem betroffenen Mitarbeiter die Weiterarbeit untersagen falls dadurch eine Gefahr für ihn selbst oder anderen droht. Ferner muss er den betroffenen Mitarbeiter nach Hause schicken und dafür Sorge tragen, dass dieser auch wohlbesonnen nach Hause ankommt (bspw. mit Taxi in Begleitung eines anderen Mitarbeiters). Bei übermäßiger Alkoholisierung sollte der Betriebsarzt oder ein Krankenhaus konsultiert werden. Für die Zeit, wo der alkoholisierte Mitarbeiter seine Arbeit nicht mehr nachgehen kann, hat er auch kein Vergütungsanspruch mehr. Falls der Mitarbeiter in der Lage ist, sein Alkoholkonsum zu kontrollieren, kann der Arbeitsgeber nach vorheriger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, wenn sein Verhalten zu Schlecht- oder Fehlleistungen führt, wodurch er nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen – denn auch der private Alkoholkonsum darf keine konkreten Auswirkungen auf die Arbeitsleistung haben. Für den Nachweis der Alkoholisierung reichen die Alkoholfahne, schwankender Gang, lallende Sprechweise etc. aus und am besten sollten diese Indizien durch Zeugen festgehalten und protokolliert werden (s.o.). Falls jedoch das Alkoholproblem – krankhafter Alkoholismus – des Mitarbeiters nicht mehr zu bändigen ist und er sich gegen eine Therapie wehrt, kann der Arbeitgeber ihn personenbedingt (krankheitsbedingt) kündigen. Eine Kündigung bei krankhaftem Alkoholismus wegen vertragswidrigen Verhalten scheidet aus (verhaltensbedingte Kündigung), weil der Mitarbeiter seinen Alkoholkonsum nicht mehr bewusst steuern kann und ihn deswegen keine Schuld zugelastet werden kann. Bei beiden Varianten sollte ein Personalgespräch geführt werden, wobei eine Abmahnung erteilt wird und den Absatz, dass bei Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung angedroht werden, beinhalten. Daher kann nur noch eine Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen vorgenommen werden. Bei der Kündigung muss der Arbeitgeber darauf achten, dass die Kündigung nicht als Bestrafung für die vergangenen Fehlzeiten oder Schlechtleistung verstanden wird, denn das wäre eine verhaltensbedingte Kündigung, die hier aufgrund des Krankheitsfalls des Alkoholismus nicht eingreift. Vielmehr muss er die personenbedingte (krankheitsbedingte) Kündigung mit der Begründung, dass auch in Zukunft ähnliche alkoholbedingte Fehlzeiten oder auffällige Verhaltensweisen zu erwarten sind, erklären. Um eine Kündigung wirksam zu erteilen, sind drei Schritte zu beachten:
1. Negative Prognose
Die personenbedingte (krankheitsbedingte) Kündigung wäre erst dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung die Möglichkeit einer Entziehungskur anbietet und der Arbeitnehmer sich weigert, eine solche durchzuführen (http://lexetius.com/1999,1188). Sie wäre auch gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einer erfolgreichen Entziehungskur teilgenommen hat und wieder rückfällig geworden ist (http://lexetius.com/1999,1178). Falls der Mitarbeiter nun nach dem die Kündigung ausgesprochen wurde, zur Besinnung kommt und sich nun doch zu einer Entziehungskur bewegen lässt, hat dies keinerlei Auswirkungen auf die einst ausgesprochene Kündigung. Hierbei ist allein auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zu achten.
2. Betriebliche Beeinträchtigung
Weiterhin muss überprüft werden – für die wirksame Erteilung der personenbedingten (krankheitsbedingten) Kündigung, ob die Fehlzeiten oder Schlechtleistung des alkoholabhängigen Mitarbeiters auch künftig zu betrieblichen Beeinträchtigungen führen werden. Hierbei wird sich an wirtschaftlichen Belastungen orientiert, bspw. an außergewöhnlich hohen Entgeltfortzahlungskosten oder auch betriebliche Ablaufstörungen, folglich ständige Überlastung der Kollegen durch Überstunden.
3. Interessenabwägung
Ferner muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden, welche die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Mitarbeiters an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abwägen. Besondere Bedeutung kommt hierbei auf das Lebensalter und die Beschäftigungsdauer des Arbeitsnehmers zu. Interessant ist es noch zu wissen, dass im Einstellungsgespräch nach eventuellen gesundheitlichen Problemen des Bewerbers gefragt werden darf, wenn die Krankheiten einen Einfluss auf die zu verrichtende Tätigkeit haben könnten. Ob bei Alkohol eine solche Fragerechtfreiheit erübrigt, kann darauf reduziert werden, dass bei einer ernsthaften Alkoholismus auch eine ernsthafte Gefahr für die anderen Mitarbeiter und auch eine Gefahr bei der Verrichtung der Tätigkeit bestehen kann.