Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlt? – Teil 2 – Arbeitsleistung verweigern

Wie kann die Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer verweigert werden (Zurückbehaltungsrecht der Arbeitskraft)?

Der Arbeitnehmer hat dann das Recht die Arbeit vorübergehend zu verweigern, wenn der Arbeitgeber mit den Lohn- und Gehaltszahlungen in Verzug ist – das sogenannte Zurückbehaltungsrecht der Arbeitskraft.

Die Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht muss der Arbeitnehmer schriftlich und mit Begründung seinem Arbeitgeber in der Abmahnung mitteilen. Ferner sollte auch mitgeteilt werden, was der Arbeitgeber tun müsste, damit der Arbeitnehmer wieder seine Arbeit aufnimmt. Resultiert die Arbeitsverweigerung daher, dass der Arbeitgeber in Zahlungsverzug ist, müsste der Arbeitnehmer jeden einzelnen Gehaltsmonat mit Gehaltsbezifferung darlegen.

Die Regelungen des allgemeinen Zurückbehaltungsrecht gem. §§ 273 Abs. 1, 320 BGB sind auch auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

Sinn des gesetzlichen Zurückbehaltungsrecht ist es, den Arbeitnehmer davor zu schützen immer mehr und mehr durch seine Arbeitsleistung unentgeltlich voraus zu leisten. Denn gem. § 614 BGB muss der Arbeitnehmer seine Leistungen vorleisten, um später sein Gehalt hierfür zu erhalten (Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers).

Daher ist eine vorherige Unterrichtung des Arbeitsgebers über die Arbeitsverweigerung seitens des Arbeitnehmers notwendig. Aus dem Grund sollte dieser Punkt – wie bereits oben erwähnt – im Rahmen der Abmahnung berücksichtigt werden, damit der Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt bekommt, das Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers durch aktives Handeln entgegen zu wirken, gem. § 273 Abs. 3 BGB.

In folgenden Sachverhalten kann der Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht nicht in Anspruch nehmen – d.h. er ist somit dann nicht berechtigt, seine Arbeitsleistung zu verweigern (Verstoß gegen § 242 BGB),

  • wenn der Zahlungsverzug nur verhältnismäßig gering ist, sondern schon unerheblich hoch ist – das ist dann der Fall, wenn weniger als 2 Monatsgehälter nicht gezahlt wurden,
  • wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Zahlungsverzug nur kurzfristig andauern wird,
  • wenn dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers unverhältnismäßig  hoher Schaden entstehen würde (die Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Vertragsverstoß des Arbeitgebers stehen),
  • wenn der Arbeitnehmer einer Stundung zugestimmt hat und
  • der Arbeitgeber bereits teilweise die Gehaltszahlung an den Arbeitgeber getätigt hat und es wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teiles (hier die Restzahlung des Gehaltes) gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern würde.

Stehen dem Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers diese Fälle nicht entgegen, kann der Arbeitnehmer zu Recht die Arbeit verweigern. Der Arbeitgeber hat dann das Recht nicht, den Arbeitnehmer bzgl. seines Verhaltens zu ermahnen, indem er bspw. das Arbeitsverhältnis aufgrund der Arbeitsverweigerung kündigt.

Zudem steht dem Arbeitnehmer das Recht zu, während der Phase der Arbeitsverweigerung so bezahlt zu werden, als hätte er die Arbeitsleistung erbracht, gem. § 615 S. 1 BGB, weil sich der Arbeitgeber während des Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers  im Annahmeverzug befindet.

Nimmt jedoch der Arbeitnehmer ohne Rechtsgrund sein Zurückbehaltungsrecht in Anspruch, so trägt er das Risiko bzgl. des Irrtums, d.h. er muss vor Gericht beweisen, dass tatsächlich schwerwiegende Vertragsverstöße des Arbeitgebers vorlagen, die eine Arbeitsverweigerung gerechtfertigt haben.

In Situationen, wo der Arbeitnehmer ohne Rechtsgrund sich auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen hat, kann er damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn unter Umständen wegen Arbeitsverweigerung oder wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit außerordentlich oder ordentlich kündigt.

Rechtsfolgen vom Gebrauch des Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers ohne Rechtsgrund:

  • möglicherweise Kündigung des Arbeitsplatzes,
  • keine Abfindung,
  • Sperrfrist bzgl. Arbeitslosengeld gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III (12 Wochen kein Arbeitslosengeld), weil der Arbeitnehmer ohne Not sein bestehendes Arbeitsverhältnis aufgegeben hat und
  • möglicherweise wird der Arbeitnehmer selbst schadensersatzpflichtig, weil er unwirksam von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch genommen hat und der Arbeitgeber möglicherweise kurzfristig teure Aushilfskräfte einstellen musste.

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