Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters nach § 573 a BGB
Sinn und Zweck des § 573 a BGB ist es, dem Vermieter aufgrund der räumlichen Nähe zum Mieter und der möglichen Spannungen durch das enge Zusammenleben die Beendigung durch ein „erleichtertes Kündigungsverfahren – Sonderkündigung“ Abhilfe zu schaffen.
Anwendbarkeit des § 573 a BGB
1. Es muss sich „um zwei Wohnungen“ in einem Gebäude handeln.
§ 573 a BGB ist anwendbar, wenn es sich:
- um ein einheitliches Gebäude mit zwei Wohnungen handelt oder
- um ein einheitliches Gebäude handelt, welches zwei Wohnungen und noch ein gewerblich genutztes Stockwerk besitzt.
Unter einem einheitlichen Gebäude ist zu verstehen, dass beide Wohnungen so miteinander verbunden sind, dass von einem einzigen Gebäude gesprochen werden kann.
Unter einer Wohnung wird ein selbständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich verstanden, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=54343&linked=urt&Blank=1&file=dokument.pdf ).
Zur selbstständigen Haushaltsführung sind Versorgungseinrichtungen wie Wasser- und Energieanschluss sowie ein Abfluss, ein Herd als Kochgelegenheit und eine Spüle erforderlich. Nicht erforderlich ist jedoch, dass es ausreicht, dass lediglich die Möglichkeit eines Anschlusses besteht.
Sofern die Voraussetzungen einen Wohnung bei bspw. einzelnen Wohnräumen (insbesondere im Dach- oder Kellergeschoss eines Gebäudes), die außerhalb der zwei oben vorausgesetzten getrennten Wohnungen liegen, ist die Anwendbarkeit von § 574 a BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/573a.html) nicht gegeben (vgl. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=54007&linked=pm) .
Sind die Voraussetzungen einer Wohnung in den einzelnen Wohnräumen im Dach- bzw. Kellergeschoss nicht gegeben, so ist § 573 a BGB anwendbar, da letztlich nur zwei Wohnungen bestehen.
Problem: Entscheidender Zeitpunkt der zwei Wohnungen in einem Gebäude:
Strittig ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt die zwei Wohnungen in einem Gebäude vorliegen müssen, wenn er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch nimmt.
Eine Mindermeinung ist dafür, dass die Voraussetzung „nur zwei Wohnungen“ bereits zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses mit dem Mieter vorliegen muss.
Die überwiegende Ansicht jedoch, ist dafür, dass die Voraussetzung „nur zwei Wohnungen“ auch nach dem Vertragsschluss mit Mieter durch bauliche Umbauungsmaßnahmen, vorliegen kann. Sie stellt somit die Erfüllung der Voraussetzung zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung ab.
Die erste Ansicht sieht in der zweiten Ansicht die Missbrauchsgefahr dahingehend, dass die Vermieter nur um die Voraussetzungen des § 573 a BGB zu erfüllen, die baulichen Umbauungen im Gebäude vornehmen (bspw. aus drei Wohnungen, zwei Wohnungen zusammenlegen), damit sie unter Berufung auf das Sonderkündigungsrecht dem Mieter kündigen können.
Ausnahme:
Eine Ausnahme erstreckt sich auf die Fälle, wo der Mieter in eine Wohnung eines Hauses einzieht, wo noch nicht eindeutig ist, ob es sich dabei um einen Zwei- oder Mehrfamilienhaus handelt, da der Vermieter zwar eine dritte Wohnung geplant hat, sie jedoch noch nicht verwirklicht hat. In einem solchen Fall besteht kein Sonderkündigungsrecht des Vermieters, wenn er dem Mieter vor der Bezugsfertigkeit der dritten Wohnung kündigt.
Beispiele für eine Anwendung des § 573 a BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/573a.html):
- Einliegerwohnungen in Fällen der Ein- oder Zweifamilienhäuser oder
- möblierte Zimmer i.S.v. Einliegerwohnräumen in Einfamilienhäusern.
Beim Letzteren muss der Wohnraum innerhalb der abgeschlossenen Wohnung/Haus des Vermieters sein, sodass ein teilweises Überschneiden der Wohnbereiche des Mieters und Vermieters vorliegt.
Beispiele für eine Nichtanwendung des § 574 a BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/573a.html):
- Reihenhäuser oder
- Doppelhaushälfte
Hierbei wird die Anwendung des Sonderkündigungsrechts des Vermieters verneint, weil eine ausreichende bauliche Trennung zwischen dem Wohnraum des Vermieters und dem Wohnraum des Mieters erreicht werden kann. § 574 a BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/573a.html) kommt nur für die Fälle in Betracht, wo gerade keine ausreichende Distanz vorhanden ist und es zu Spannungen zwischen beiden Parteien kommen kann.
2. Der Vermieter muss eines der zwei Wohnungen bewohnen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter vor oder erst nach Mietvertragsschluss mit dem Mieter in die Wohnung eingezogen ist. Erforderlich ist nur, dass der Vermieter vor dem Ausspruch der Kündigung, die Wohnung bewohnen muss.
3. Schriftform, gem. § 568 Abs. 1 BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/568.html)
Die Kündigung muss schriftlich mit eigenhändiger Unterschrift des Vermieters dem Mieter zugehen, gem. § 568 Abs. 1 BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/568.html). Kündigungen, die nicht schriftlich, sondern mündlich bzw. über Fax, E-Mail etc. dem Mieter zugehen, sind unwirksam gem. § 134 BGB. Hier empfiehlt sich die Kündigung als Einschreiben per Rückschein dem Mieter zugehen zu lassen.
Ferner muss der Vermieter in seinem Kündigungsschreiben gem. § 573 a Abs. 3 BGB angeben, dass die Kündigung sich auf die Voraussetzungen des § 573 a Abs. 1 oder 2 BGB bezieht. D.h. der Vermieter muss die Inanspruchnahme von § 573 a BGB dem Mieter deutlich machen.
Die Kündigung muss nicht begründet werden. Wobei einige Ansichten die Begründung voraussetzen. Infolge des Widerrufsrechts des Mieters wird empfohlen, dies nicht zu begründen. Denn falls der Mieter tatsächlich etwas gegen die Kündigung einzuwenden hätte, so würde er dies über sein Widerspruchsrecht geltend machen. Auch geht § 573 a BGB von einer erleichterten Kündigung aus und nicht von einer ordentlichen Kündigung mit einem berechtigten Interesse.
Zudem ist es erforderlich, dass der Vermieter den Mieter auf sein Widerspruchsrecht belehrt, gem. § 574 BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/574.html).
Die Kündigung kann daher unwirksam sein, wenn ein Härtefall seitens des Mieters eingreift.
4. Kündigungsfrist, gem. § 573 a Abs. 1 BGB
Die gesetzliche Kündigungsfrist gem. § 573 c BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/573c.html) verlängert sich beim Sonderkündigungsrecht jeweils um drei weitere Monate, gem. § 573 a Abs. 1 BGB.
5. Ausschluss
Ausgeschlossen ist das Sonderkündigungsrecht in Bezug, wenn:
- es um befristete Mietverträge geht,
- der Mietvertrag explizite Ausschlüsse von Kündigungen ohne ein berechtigtes Interesse seitens des Mieters, enthält (s. BGH, Urteil vom 16. Okotber 2013 – Az.: VII ZR 57/13 –http://www.bundesgerichtshof.de/DE/Presse/Terminhinweise/terminhinweise_node.html)
- der Vermieter dem Mieter kündigt, um die Wohnung anschließend weiter zu veräußern oder
- der Vermieter die Wohnung nach der Kündigung nicht selbst bewohnen möchte.
Eine Vorlage bzgl. der “erleichterten Kündigung” – Sonderkündigung – gem. § 573 a BGB ist per Upload verfügbar.