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Mietvertrag widerrufen: Widerrufsrecht, Rücktrittsrecht & Co

Mietvertrag widerrufen: Kann man aus Mietverträgen nach dem Einzug zurücktreten? Das und vieles mehr beantworten wir!
In Kürze:
  • Ein Widerrufsrecht ermöglicht es Vertragspartnern, sich nachträglich von einem Vertrag zu lösen, wobei bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
  • Bei einem Haustürgeschäft oder einem Fernabsatzvertrag besteht unter bestimmten Umständen ein Widerrufsrecht.
  • Die Anfechtung des Mietvertrages ist bei arglistiger Täuschung durch eine der Vertragsparteien möglich.
  • Ein Rücktritt vom Mietvertrag ist im Mietrecht nicht gesetzlich vorgesehen, kann aber vertraglich vereinbart sein.

Den Mietvertrag widerrufen - geht das überhaupt? Das und mehr wird in diesem Artikel verständlich erläutert.

Wohnraum ist aktuell so begehrt wie nie: Mieter stehen in einem wohl nie dagewesenen Wettbewerb untereinander, Vermieter können sich Ihre Mieter in sehr vielen Gebieten Deutschlands frei aussuchen. Erforderlich ist für die meisten Mieter daher, nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern sich für mehrere Wohnungen zu bewerben.

Denkbar ist in diesen Fällen, dass bereits bei der ersten besichtigten Wohnung zugeschlagen wird, da man Angst hat, diese Chance zu vergeben und in den Folgebesichtigungen enttäuscht zu werden: Sei es, weil die nächste besichtigte Wohnung nicht das hält, was sie verspricht, oder weil der Vermieter sich für eine andere Person als Mietpartei entscheidet. Dieses Vorgehen kann jedoch auch dazu führen, dass Mieter Ihre "voreilige" Unterschrift später bereuen, weil sie schlussendlich doch noch ein besseres Mietobjekt gefunden haben.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Mietvertrag nicht möglicherweise widerrufen werden kann oder es andere Möglichkeiten gibt, aus dem Mietvertrag auch nach der Unterschrift herauszukommen.

Was ist ein Widerrufsrecht?

Bevor sich der Frage gewidmet wird, ob ein Mietvertrag widerrufen werden kann, muss zunächst geklärt werden, was es mit dem Widerruf bzw. Widerrufsrecht überhaupt auf sich hat.

Nach deutschem Recht sind abgegebene Willenserklärungen zunächst bindend: Die jeweiligen Vertragspartner dürfen darauf vertrauen, dass ein Vertrag auch tatsächlich zustande kam. Hierzu ein Beispiel:

Herr Müller verkauft Frau Maier ein Buch. Da Herr Müller 2 Tage später einfällt, dass er das Buch eigentlich doch lieber für sich behalten möchte, fordert er das Buch von Frau Maier zurück. Muss Frau Maier ihm das Buch zurückgeben?

Nein! Im Normalfall ist jede Vertragspartei an ihre abgegebene Erklärung gebunden.

Eine Ausnahme hiervon stellt das Widerrufsrecht dar. Nach Ansicht des Gesetzgebers gibt es nämlich bestimmte Situationen, in denen es für Vertragsparteien die Möglichkeit geben muss, sich nachträglich vom Vertrag lösen zu können.

Aus dem Mietvertrag zurücktreten: Das sind die Voraussetzungen, um aus dem Mietverhältnis herauszukommen - eine Sache des Mietvertrags!

Kann man einen Mietvertrag widerrufen?

Normalerweise bleibt es bei dem oben genannten Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind, eine nachträgliche Lösung also nicht möglich ist. In folgenden Situationen kann es jedoch Chancen geben, aus dem Vertrag heraus zu kommen:

Widerrufsrecht aufgrund Haustürgeschäfts

Gemäß § 312g BGB besteht ein Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, wozu auch sog. Haustürgeschäfte zählen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich bei dem Vermieter um einen Unternehmer nach § 14 BGB, beim Mieter um einen Verbraucher nach § 13 BGB handelt. Die Unternehmereigenschaft des Vermieters liegt regelmäßig dann vor, wenn er über 3-4 Wohnungen verfügt, die er vermietet. Des Weiteren muss der Mietvertrag außerhalb der Geschäftsräume des Vermieters abgeschlossen worden sein. Hintergrund: Durch § 312g BGB soll der Verbraucher vor typischen "Überrumplungssituationen" geschützt werden, beispielsweise bei Vertragsabschlüssen in einem Café, in einer Privatwohnung oder an sonstigen Orten, die normalerweise nicht für Vertragsabschlüsse gedacht sind.

Widerrufsrecht aufgrund Fernabsatzvertrag

Auch in Fällen, in denen für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet wurden, besteht ein Widerrufsrecht des Verbrauchers (Mieter) gegenüber dem Unternehmer (Vermieter), § 312c BGB. Fernkommunikationsmittel in diesem Sinne sind insbesondere Telefon, E-Mail, SMS, WhatsApp oder sonstige Messengerdienste. Wichtig beim Widerruf: Die Frist hierfür beträgt in der Regel 14 Tage ab Vertragsschluss. Sofern der Vermieter den Mieter nicht über sein Widerrufsrecht belehrt hat, verlängert sich diese Frist auf 12 Monate und 14 Tage. Unabhängig für die Ausübung des Widerrufsrechts ist, ob die Wohnung schon von Ihnen bewohnt wird.

Anfechtung des Mietvertrages nach § 123 BGB

Auch die Anfechtung des Mietvertrages kann eine Möglichkeit sein, sich vom unerwünschten Mietvertrag "zu befreien". Eine Anfechtung ist hauptsächlich dann möglich, wenn der Vermieter über wesentliche Eigenschaften der Mietwohnung, etwa die Größe, die Ausstattung oder vorhandenen Baulärm arglistig getäuscht hat. Indes wird eine hierauf gestützte Anfechtung nur in den seltensten Fällen erfolgreich sein, da der Mieter dem Vermieter ein arglistiges Verhalten nachweisen muss. Dies ist in einem Prozess nur schwer zu beweisen.

Doch auch die umgekehrte Konstellation ist denkbar: Macht der Mieter beispielsweise falsche Angaben über sein Einkommen, legt eine falsche Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vor oder übergibt dem Vermieter eine von ihm gefälschte Bürgschaft, so kann der Vermieter den Mietvertrag anfechten, sofern die Täuschung ursächlich für den Vertragsschluss war und der Mieter seinerseits arglistig gehandelt hat. Außerdem kann eine Anfechtung des Mietvertrages aufgrund einer widerrechtlichen Drohung erfolgen. Eine solche liegt beispielsweise vor, wenn der Vermieter den Mieter durch Androhung eines bestimmten Übels dazu nötigt, den Mietvertrag abzuschließen (denkbar beispielsweise, dass der Vermieter dem Mieter droht, peinliche Informationen über seine Vergangenheit zu veröffentlichen, wenn er den Mietvertrag nicht unterzeichnet).

Ist ein Rücktritt vom Mietvertrag möglich?

Anders als im Kauf- oder Werkvertragsrecht, ist im Mietrecht kein gesetzliches Rücktrittsrecht vorgesehen. Allerdings kann ein solches Rücktrittsrecht vertraglich vereinbart worden sein. Werfen Sie daher unbedingt einen Blick in den Mietvertrag, sofern Sie sich von diesem lösen wollen: Ein Berufen auf eine dort enthaltene Rücktrittsklausel wird der Vermieter im Zweifel eher akzeptieren als einen Widerruf oder eine Anfechtung des Mietvertrages!

Für Klein-Vermieter nicht einfach: die Themen des Mietrechts und der Mietverträge!

Welche Alternativen gibt es für Mieter?

Die oben genannten Lösungsmöglichkeiten können dem Vermieter häufig übel aufstoßen. Bevor zu diesen Mitteln gegriffen wird, sollte zunächst versucht werden, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Eine solche kann insbesondere durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages erreicht werden. Durch einen solchen erklären sich beide Seiten damit einverstanden, dass der Mietvertrag keine Geltung haben soll.

Sollte der Vermieter einem Aufhebungsvertrag nicht zustimmen, so sollten Sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, ihm einen geeigneten Nachmieter vorzuschlagen, der vor Ablauf der Kündigungsfrist die Wohnung übernimmt. Dabei sollte insbesondere auf die Bonität und die Personenanzahl (wenn Sie eine 2-Zimmer-Wohnung bewohnt haben, sollten Sie keine 4-köpfige Familie als Nachmieter vorschlagen) der neuen Mieter geachtet werden, um den Vermieter zu überzeugen.

Sollten all diese Versuche keine Früchte tragen, bleibt Ihnen noch die Möglichkeit, den Mietvertrag ordentlich zu kündigen. Die gesetzliche Kündigungsfrist können Sie § 573c BGB entnehmen, sie beträgt in der Regel 3 Monate.

Erfahren Sie mehr über das Mietrecht und schauen Sie sich in diesem Zuge auch unser Mietvertrag Muster an!

Fazit zum Thema Mietvertrag widerrufen

Das Widerrufen eines Mietvertrages ist in Deutschland an spezifische Bedingungen und Situationen gebunden. Während Verträge grundsätzlich bindend sind, können bestimmte Umstände wie Haustürgeschäfte oder Fernabsatzverträge ein Widerrufsrecht bieten. Zudem besteht die Möglichkeit, den Mietvertrag bei arglistiger Täuschung anzufechten. Wenn ein Rücktritt vom Mietvertrag nicht ausdrücklich im Vertrag festgelegt ist, gibt es keine gesetzliche Grundlage dafür. Es empfiehlt sich daher, vor der Unterschrift alle Aspekte zu prüfen und sich bei Unsicherheiten rechtlich beraten zu lassen.

Häufig gestellte Fragen rund um das Widerrufsrecht von einem Mietvertrag

Wir haben die am häufigsten gestellten Fragen für Sie gesammelt und beantwortet!

Kann man von einem unterschriebenen Mietvertrag noch zurücktreten?

Ein Rücktritt im klassischen Sinne ist im deutschen Mietrecht nicht vorgesehen, es sei denn, es gibt eine explizite Rücktrittsklausel im Mietvertrag. Diese müsste dann von beiden Parteien akzeptiert und im Vertrag verankert worden sein.

Kann man einen unterschriebenen Mietvertrag vor Einzug kündigen?

Vor Einzug in die Wohnung den Mietvertrag zu kündigen, ist formaljuristisch nicht anders zu bewerten als nach dem Einzug. Ohne spezielle Vereinbarungen gilt in der Regel die gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten gemäß § 573c BGB. Der Mietvertrag ist also bindend, sobald beide Parteien ihn unterschrieben haben, unabhängig davon, ob der Einzug schon erfolgt ist oder nicht.

Kann der Vermieter vom unterschriebenen Mietvertrag zurücktreten?

Nein, der Vermieter ist in der Regel ebenso an den unterschriebenen Mietvertrag gebunden wie der Mieter. Es gibt allerdings Ausnahmesituationen, in denen der Vermieter den Vertrag anfechten kann, etwa wenn der Mieter falsche Angaben zu seiner Bonität gemacht oder eine gefälschte Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vorgelegt hat. Dies bedarf jedoch einer gerichtlichen Klärung und ist nicht trivial.

Wie kommt man aus dem Mietvertrag raus?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, aus einem Mietvertrag herauszukommen:

  1. Aufhebungsvertrag: Beide Parteien erklären sich einverstanden, dass der Mietvertrag keine Geltung mehr haben soll.
  2. Nachmieter vorschlagen: Der Mieter kann dem Vermieter einen geeigneten Nachmieter vorschlagen, der die Wohnung vor Ablauf der Kündigungsfrist übernimmt.
  3. Ordentliche Kündigung: Die Kündigung des Mietverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (in der Regel 3 Monate gemäß § 573c BGB).
  4. Anfechtung wegen Täuschung: Nur in seltenen Fällen möglich, wenn der Vermieter den Mieter über wesentliche Eigenschaften der Wohnung arglistig getäuscht hat.
  5. Widerruf bei Haustürgeschäft oder Fernabsatzvertrag: Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Mieter von einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder einem Fernabsatzvertrag zurücktreten.