- Mietrecht
- Lesezeit: 05:32 Minuten
Fristlose Kündigung bei Familie: Kinder, Sonderrechte & Co
- Familien mit Kindern genießen im Mietrecht besonderen Schutz vor willkürlichen Kündigungen.
- Bei einer Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter die Interessen der Familie berücksichtigen und kann gegebenenfalls dazu verpflichtet sein, eine angemessene Ersatzwohnung anzubieten.
- Mieter haben das Recht, eine Eigenbedarfskündigung anzufechten und bei sozialer Härte auf die Sozialklausel zu verweisen.
- Eine Überbelegung der Wohnung kann eine rechtmäßige Kündigung rechtfertigen.
- Kinderlärm ist grundsätzlich vom Toleranzgebot der Gesellschaft gedeckt, kann aber in extremen Fällen zur Kündigung führen.
Im Mietrecht unterliegen Familien mit Kindern einem besonderen Schutz vor missbräuchlichen Kündigungen. Oftmals haben es Familien mit Kindern in Mietwohnungen nämlich nicht leicht. Meistens sind die Spielmöglichkeiten ungenügend, die Wohnung ist nicht kinderfreundlich gestaltet, oder die Nachbarn beschweren sich von morgens bis abends beim Vermieter über Lärm. Kündigungen aufgrund eines schreienden Kleinkindes sind nicht zulässig. Alles, was Sie hierzu wissen müssen, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.
Ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf auch bei Familien zulässig?
Insbesondere bei Kündigung wegen Eigenbedarf und wenn Kinder mit im Spiel sind, hat der Vermieter bestimmte Pflichten und Rechte. Der Vermieter muss die Interessen der Familie berücksichtigen und eventuell sogar eine angemessene Ersatzwohnung anbieten. Zudem ist es wichtig, dass der Vermieter die Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung nachweisen kann.
Aber auch Mieter haben bei einer Eigenbedarfskündigung besondere Rechte und Pflichten, gerade, wenn Kinder im Haushalt leben. Als Mieter haben Sie die Möglichkeit, die Kündigung innerhalb von zwei Monaten anzufechten. Dies ist dann der Fall, wenn Sie als Mieter davon ausgehen, dass der Eigenbedarf nicht ausreichend begründet ist. Zudem haben Sie als Mieter, speziell als Familie, das Recht auf eine angemessene Ersatzwohnung. Ein Fachanwalt für Mietrecht beziehungsweise der Mieterverein kann Ihnen bei der Formulierung des Widerspruchs behilflich sein.
Was hat es mit der Härtefallregelung auf sich?
Sollte sich herausstellen, dass die Kündigung wegen Eigenbedarf rechtmäßig ist, so haben Sie gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 574 BGB) noch die Möglichkeit, einen Widerspruch wegen sozialer Härte einzureichen. Die Frist für diesen Widerspruch beträgt zwei Monate vor Ende des Mietverhältnisses und muss schriftlich erfolgen.
Wie nutze ich die Sozialklausel?
Wenn Sie alleinerziehende Mutter sind und Ihnen die Wohnung gekündigt wurde, so sollten Sie zunächst gemäß § 574 BGB Widerspruch einlegen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dabei ist es erforderlich, dass Sie sich auf eine soziale, besondere Härte berufen; dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn kein anderer angemessener Wohnraum zur Verfügung steht. Weitere Gründe können sein, wenn:
- Sie schwer erkrankt sind,
- für Ihren zukünftigen Berufsweg eine schwierige beziehungsweise entscheidende Prüfung ansteht,
- Sie Kleinstkinder zu versorgen haben.
Ist es Ihnen nicht möglich, Ihre Kinder anderweitig unterzubringen, so liegt eine begründete Härte für einen Widerspruch vor. Als Mieter beziehungsweise alleinerziehende Mutter sollten Sie beachten, dass Ihr Vermieter Sie nicht ohne Weiteres auf die Straße setzen kann. Sie sollten ihn zunächst auf eine Räumungsklage hinweisen. Bis zum Zeitpunkt des Vorliegens eines eventuellen Urteils haben Sie genügend Zeit, sich um eine anderweitige Lösung zu kümmern. Denn gekündigt heißt noch lange nicht geräumt.
Welche Gründe gibt es für eine fristlose Kündigung der Wohnung?
Die Gründe fristloser Kündigungen bei Wohnungen sind vielseitig. Hierunter fallen:
- Permanente Lärmbelästigung
- Erhebliche Belästigung der Hausbewohner
- Vertragswidrige Nutzung der Wohnung
- Unerlaubte Untervermietung
- Straftaten des Mieters
- Unpünktliche Mietzahlungen
- Gefährdung der Mietsache
- Kaution wurde nicht gezahlt
Welche Gründe rechtfertigen noch eine Kündigung von Familien?
Eine Kündigung ist auch dann wirksam, wenn der Mieter aufgrund einer Überbelegung der Wohnung gegen die vertraglichen Pflichten verstößt.
Die Faustregel besagt, dass eine Überbelegung nicht vorliegt, wenn auf jede erwachsene Person beziehungsweise je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von jeweils 12 Quadratmetern entfällt. Eine Überbelegung liegt auch dann nicht vor, wenn bei Familien durchschnittlich 10 Quadratmeter auf eine Person entfallen.
Zum Thema Überbelegung war vor dem Amtsgericht München im Jahr 2015 ein Rechtsstreit geführt worden, in dem entschieden wurde, dass die Kündigung aufgrund einer Überbelegung rechtmäßig war. Der Fall lag so, dass die zuvor genannten Richtwerte weit überschritten wurden, da auf eine Person gerade einmal vier Quadratmeter entfallen sind und es sich zudem noch um eine 1-Zimmer-Wohnung handelte.
Grundsätzlich verhält es sich so, dass der Mieter sein Kind und/oder Ehegatten mit in die Wohnung aufnehmen darf. Es darf jedoch keine Überbelegung auftreten. In dem Fall vor dem Münchener Amtsgericht lag jedoch schon bei Abschluss des Mietvertrages eine Überbelegung vor, da der Mieter schon mit einem Kind in die Wohnung eingezogen ist. Durch die Aufnahme eines zweiten Kindes wurde die Überbelegung nochmals erhöht (vgl. Urteil AG München vom 29.04.2015, Az.: 415 C 3152/15).
Das Urteil wird vom Mieterverein kritisiert
In einer Pressemitteilung bringt der Mieterverein München zum Ausdruck, dass das Urteil für sehr fragwürdig gehalten wird. Dieser ist der Meinung, sobald eine Überbelegung vorläge, müsse auch die Mietsache gefährdet sein. Für den Mieterverein ist nicht erkenntlich, inwiefern von zwei Kindern eine solche Gefährdung ausgehen soll. Laut dem Mieterverein ist anhand dieses Urteils nochmals deutlicher zu sehen, wie groß die Wohnungsnot in München ist.
Darf aufgrund von Kinderlärm gekündigt werden?
Üblicherweise ist Kinderlärm erlaubt, zumal es immerhin ein Toleranzgebot der Gesellschaft gegenüber Kinderlärm gibt.
Aber Vorsicht: Immer häufiger kommt es vor, dass es Urteile gibt, in denen der Vermieter nicht ausreichend darlegen musste, von wem der Lärm verursacht wurde. Hinzu kommt, dass andere Gerichte immer wieder solche Entscheidungen bestätigen, in denen die Kündigung aufgrund von Kinderlärm erfolgte.
So auch der Bundesgerichtshof am 22.06.2021 (Az.: VIII ZR 134/20). Dieses Urteil besagt, dass das Toleranzgebot auch Grenzen hat.
Deshalb gilt, dass Kinderlärm - wie vom Bundesgerichtshof ausgeführt - nicht immer vollumfänglich hinzunehmen ist. Entsteht Kinderlärm innerhalb der Ruhezeiten, da der Mieter die Kinder nicht zu Bett bringt, kann dies eine Abmahnung durch den Vermieter herbeiführen. Sollte die Ruhestörung wiederholt auftreten, ist dann die Kündigung möglich. In Berlin führte ein nächtlicher Kinderlärm sogar zur fristlosen Kündigung. In diesem Fall war es so, dass nach 22 Uhr noch Türen geknallt wurden und Kinder lautstark durch die Wohnung tobten. Dies muss kein Nachbar oder Vermieter hinnehmen. Das Landgericht Berlin bestätigte damit in diesem Fall die fristlose Kündigung (vgl. Beschluss LG Berlin vom 30.07.2021, Az.: 65 S 104/21).
Fazit zum Thema: "Fristlose Kündigung bei Familie"
Kündigungen – egal ob für alleinerziehende Mütter oder Familien – sind unangenehm und können viel Kraft kosten. Die schwierigste Kündigungssituation liegt vor, wenn die Kündigung wegen Eigenbedarf ausgesprochen wird. Doch als Mieter haben Sie die Möglichkeit, den Eigenbedarf anzufechten oder auch eine längere Kündigungsfrist herbeizuführen. Um sicherzugehen, dass Sie alle rechtlichen Möglichkeiten im Falle einer fristlosen Kündigung ausschöpfen, empfehlen wir Ihnen, sich von einem Anwalt für Mietrecht beziehungsweise dem Mieterschutzbund beraten zu lassen.
Häufig gestellte Fragen rund um die fristlose Kündigung bei einer Familie mit Kindern
Wir haben die am häufigsten gestellten Fragen für Sie gesammelt und beantwortet!
Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf unzulässig?
Ist der Vermieter im Mietvertrag eine juristische Person (etwa eine AG oder GmbH), so ist eine Eigenbedarfskündigung nicht zulässig. Dies ist nur möglich, wenn der Vermieter eine natürliche Person oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist.
Muss der Mieter die Umzugskosten bei Kündigungen wegen Eigenbedarf selbst tragen?
Ja, in diesem Fall sind die Umzugskosten Mietersache. Mieter haben in diesem Fall keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten durch den Vermieter, sofern der Vermieter den Eigenbedarf ausreichend begründet hat.
Was dürfen Kinder in einer Mietwohnung?
Innerhalb der Wohnung ist es gestattet, dass Kinder Freunde mit nach Hause bringen, toben und spielen dürfen. Als Eltern müssen Sie jedoch darauf achten, dass diese Gegebenheiten nicht innerhalb der Ruhezeiten stattfinden. Die gesetzlichen Ruhezeiten, die jedoch auch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein können, sind zwischen 22 Uhr und 7 Uhr und – je nach Hausordnung – zwischen 13 Uhr und 15 Uhr.