Der Sprung in die Selbstständigkeit stellt regelmäßig ein großes Risiko dar: Insbesondere für unerfahrene Existenzgründer, die sich zum ersten mal Selbstständig machen, bestehen viele Hürden. Eine Gründung, ohne genau zu wissen, ob das Geschäftsmodell überhaupt erfolgversprechend ist und genügend Einkünfte abwirft, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, ist ein Wagnis. Aus diesem Grund ist verständlich, dass sich mehr als die Hälfte aller Gründer zunächst mit einem Nebengewerbe selbstständig machen. Wann eine Tätigkeit als nebenberuflich einzustufen ist, worin die Vor- und Nachteile der nebenberuflichen Existenzgründung liegen und was es dabei zu beachten gilt, wird in diesem Beitrag erläutert. Im Anschluss werden die häufigsten Fragen zur nebenberuflichen Selbstständigkeit beantwortet.
Nebenberuflich selbstständig ist, wer neben der Unternehmensgründung und -führung parallel noch einem Angestelltenjob nachgeht. Die Tätigkeit aus dem Angestelltenverhältnis steht dabei sowohl zeitlich als auch monetär (der Großteil des monatlichen Einkommens wird im Hauptjob erwirtschaftet) im Vordergrund.
Die nebenberufliche Selbstständigkeit hat eine Reihe von Vorteilen gegenüber der klassischen Unternehmensgründung, da diese mit der Kündigung des Angestelltenverhältnisses verbunden ist:
Wird ein Unternehmen gegründet und gleichzeitig der sichere Angestelltenjob gekündigt, ist die Geschäftsidee zum Funktionieren verdammt: Erwirtschaftet das Unternehmen keine oder zu geringe Umsätze, sind Gründer auf im Vorfeld der Gründung gebildete Rücklagen oder fremde Unterstützung angewiesen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Wird hingegen nur nebenberuflich ein Unternehmen gegründet und ausgeübt, ist der Lebensunterhalt selbst beim Scheitern des Unternehmens weiterhin gewährleistet, es besteht immer noch die Absicherung aus dem Angestelltenverhältnis.
Für die Gründung eines Unternehmens ist man auf ein gewisses Startkapital angewiesen, sei es für die Gründungskosten, Marketing oder die Entwicklung eigener Produkte. Sofern der Existenzgründer nicht über eigene Mittel verfügt, liegt die Aufnahme von Fremdkapital bei einer Bank nahe. Falls der Bank jedoch keine Sicherheiten, beispielsweise in Form von Arbeitsmaschinen oder Immobilien gewährt werden können, gestaltet sich die Kreditaufnahme sehr schwierig bis unmöglich. Da der Job gekündigt wurde, also das geregelte Einkommen weggefallen ist, wird die Bank noch weniger dazu geneigt sein, einen Kredit zu erteilen.
Sofern jedoch nebenberuflich gegründet wird, ist die Kreditaufnahme häufig nicht nötig: Investitionen können durch die Gehaltszahlungen aus dem Angestelltenverhältnis getätigt werden. Muss doch ein Kredit aufgenommen werden, haben Gründer, die weiterhin ein geregeltes Einkommen aus dem Angestelltenverhältnis nachweisen können, bei Banken eine höhere Bonität und daher bessere Chancen auf einen Kredit.
Die nebenberufliche Selbstständigkeit muss aus den unter 1. genannten Gründen nicht zwangsläufig sofort durch die Decke gehen. Dies ist psychisch eine starke Entlastung für Gründer und nimmt Druck aus der Angelegenheit.
Durch die nebenberufliche Selbstständigkeit ist es Gründern möglich, die ausgetüftelte Geschäftsidee am Markt zu testen: Ist das Produkt/die Dienstleistung überhaupt innovativ? Gibt es genügend Käufer am Markt? Kommt man zum Ergebnis, dass die Geschäftsidee wenig erfolgversprechend ist, wird das Unternehmen aufgegeben. Da das Angestelltenverhältnis nicht gekündigt wurde, ändert sich für den Gründer ansonsten gar nichts.
Selbstverständlich ist es möglich, die selbstständige Tätigkeit dauerhaft neben dem Hauptjob auszuführen, um sich so einen schönen Nebenverdienst zu erarbeiten. Ihr Unternehmen muss also nicht zwangsläufig “wachsen”, sondern kann eher als Hobby neben dem Hauptjob weitergeführt werden.
Allerdings sind auch einige Nachteile zu beachten:
Bei der nebenberuflichen Selbstständigkeit ist zu beachten, dass Sie die kurze Zeit, die Ihnen neben dem Angestelltenjob zur Verfügung steht, in Ihr Unternehmen stecken müssen. Familie, Freunde und Hobbys müssen daher meist deutlich zurückstehen.
Durch das Angestelltenverhältnis ist eine freie Zeiteinteilung bezogen auf die Selbstständigkeit nicht möglich. Termine, beispielsweise Kundengespräche, müssen stets mit der Arbeitszeit aus dem Hauptjob arrangiert werden.
Sofern Kunden oder Geschäftspartner erfahren, dass das Unternehmen lediglich nebenberuflich geführt wird, wird dies meist negativ bewertet: Dadurch, dass der Gründer insgesamt weniger Zeit für sein Unternehmen aufopfern kann als der “gewöhnliche” Gründer, wird häufig mangelndes Engagement und Professionalität unterstellt.
Wann eine Selbstständigkeit als nebenberuflich und wann als Hauptberuflich einzustufen ist, ist von verschiedenen Faktoren und stets vom Einzelfall abhängig. Sofern jedoch das Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit eine untergeordnete Rolle gegenüber dem Einkommen aus dem Hauptjob einnimmt und keine Angestellten beschäftigt werden, spricht dies stark für eine Einordnung als nebenberufliche Selbstständigkeit. Wird mehr Arbeitszeit in das Unternehmen investiert als in das Anstellungsverhältnis, ist nicht mehr von einer nebenberuflichen Selbstständigkeit auszugehen.
Eine gesetzliche Verpflichtung, Ihren Arbeitgeber über die nebenberufliche Selbstständigkeit zu informieren, existiert grundsätzlich nicht, außer diese wurde explizit im Arbeits- oder Tarifvertrag festgehalten. Grundsätzlich gilt jedoch, dass Sie Ihren Arbeitgeber darüber aufklären sollten. Hierbei müssen Sie grundsätzlich keine Konsequenzen fürchten, schließlich kann der Arbeitgeber ihnen die nebenberufliche Tätigkeit nicht verbieten. Voraussetzung ist jedoch, dass Ihr Engagement im Hauptjob nicht unter der nebenberuflichen Selbstständigkeit leidet. Außerdem müssen gesetzliche Arbeitszeitgrenzen (§ 3 ArbZG) eingehalten werden, der Urlaub darf nicht für die nebenberufliche Selbstständigkeit genutzt werden (§ 8 BUrlG).
Eine Ausnahme hiervon besteht, wenn Sie durch Ihre nebenberufliche Selbstständigkeit in ein Konkurrenzverhältnis zu Ihrem Arbeitgeber treten. In dieser Situation können Abmahnung oder sogar die Kündigung drohen.
Eine bestimmte Rechtsform ist für die nebenberufliche Tätigkeit nicht vorgeschrieben, Existenzgründer können also frei zwischen den zur Verfügung stehenden Rechtsformen wählen. Aus Kosten- und Aufwandsgründen empfehlen wir grundsätzlich die Gründung eines Einzelunternehmens für die nebenberufliche Selbstständigkeit. Ist dem Existenzgründer jedoch wichtig, das Risiko so gering wie möglich zu halten, ist eine GmbH aufgrund der Haftungsbeschränkung wohl die bessere Wahl. Mehr über die GmbH Haftung erfahren.
Wenn Sie mehr über die einzelnen Unternehmensformen, deren Vor- und Nachteile sowie Gründungskosten erfahren möchten, lesen Sie unseren Artikel.
Wie viel innerhalb der nebenberuflichen Selbstständigkeit verdient werden darf, ist abhängig von der sonstigen Beschäftigung des Gründers. So dürfen Studenten beispielsweise nicht mehr als 435 € im Monat verdienen. Selbige Grenze besteht für Familiennversicherte, Hausmänner oder Hausfrauen, die weder ein Haupteinkommen noch Arbeitslosengeld beziehen. Für Bezieher von Arbeitslosengeld gilt eine Grenze von 165 Euro pro Monat.
Für den Start in die nebenberufliche Selbstständigkeit hat man grundsätzlich dieselben Regeln zu beachten, wie wenn “hauptberuflich” ein Unternehmen gegründet wird: Je nach Unternehmensform muss etwa ein Gesellschaftsvertrag erstellt und notariell beurkundet, ein Gewerbe angemeldet oder eine Eintragung ins Handelsregister erfolgen. Bei speziellen, genehmigungspflichtigen Tätigkeiten wie beispielsweise dem Betrieb einer Gaststätte oder Spielhalle, müssen darüber hinaus behördliche Genehmigungen eingeholt werden. Falls Sie mehr zu den Themen Unternehmensgründung erfahren möchten, lesen Sie unseren jeweiligen Artikel hierzu:
Die nebenberufliche Selbstständigkeit ist bei Existenzgründern extrem beliebt: Dies hängt zum einen mit dem geringeren Risiko und dem damit einhergehenden geringeren Druck, zum anderen mit der besseren Finanzierungsmöglichkeit zusammen. doch auch die nebenberufliche Gründung muss wohl überlegt und gut strukturiert werden, um ein Scheitern zu verhindern. Der Arbeitgeber sollte in jedem Fall über die nebenberufliche Selbstständigkeit informiert werden.
Über den Autor: Jakobs Leben ist das Recht. Sein erstes Staatsexamen hat er bereits im Juli 2020 mit Prädikat absolviert. Neben diversen Praktika, inklusive am Landgericht Frankfurt am Main, berichtet er regelmäßig bei JuraRat über Themen diverser Rechtsgebiete.